1. Preis im Wettbewerb Neubau Außenstelle Landratsamt Landsberg am Lech

1. Preis im Wettbewerb Neubau Außenstelle Landratsamt Landsberg am Lech

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser*innen schlagen am östlichen Eingang Landsbergs einen zeichenhaften Stadtbaustein vor, der als ringförmiges Gebäude an der südwestlichen Gebäudeecke positioniert wird. Der Zugang erfolgt unprätentiös von Westen über einen knappen Vorbereich mit vorgelagerter Bushaltestelle. Nördlich davon folgen Tiefgarageneinfahrt und die Anordnung der oberirdischen Parkierung der geschwungenen Gebäudekontur und unternehmen den nachvollziehbaren Versuch, durchgrünte Stellplatzflächen anzubieten. Der zweite Bauabschnitt wird als weiterer Rundling im Osten vorgesehen und über Brückenstege mit dem ersten Bauabschnitt verbunden.

Die Eingangshalle präsentiert sich mit einem viergeschossigen, oberbelichteten Lichthof, in dessen Zentrum der Empfang angeordnet wird und von dem aus eine gewendelte Freitreppe alle Ebenen erschließt. Der Empfangsraum in zentraler Lage fungiert als Kupplungselement zum Sitzungssaal, zur Cafeteria und zur Zulassungsstelle. Über Öffnungselemente lässt sich der Saal variabel mit Cafeteria, Lichthof und Terrasse im Innenhof verbinden. Leider wird der Saal nur in Höhe des überhöhten Erdgeschosses angeboten – ein Umstand, der dessen Bedeutung zu wenig gerecht wird. Es erscheint
aber wenig problematisch, den Luftraum bei vertretbaren Umplanungsaufwand ins 1. Obergeschoss zu erweitern.

Die Erschließung aller vier oberirdischen Geschosse erfolgt über ein ringförmiges Gangsystem, das von einer 3-Hüftigkeit im Westen über eine 2-Hüftigkeit in eine 1-hüftige Anlage im östl. Bereich mündet. Dadurch ergeben sich hochspannende Raumsequenzen mit unterschiedlichem Außen- und Innenraumbezügen mit eingestreuten Sitznischen und Verweilbereichen. Durch die geschickte Zonierung von Nebenraum- und Servicebereichen orientieren sich die meisten Einzelbüros lärmgeschützt zum ruhigen Innenhof. Die Verfasser*innen sprechen von einer „atmenden Büroorganisation“, die
ein hohes Maß an Flexibilität bei individueller Orientierung bietet. Drei Fluchttreppenhauskerne führen gut verteilt ins eingeschossige Tiefgaragengeschoss, das sich allerdings nicht ganz synchron unter dem oberirdischen Gebäudeabdruck befindet, sondern am Nordosteck orthogonal darüber hinausragt.

Herzstück der Anlage ist der wohl proportionierte Innenhof, der eine hohe atmosphärische Qualität erwarten lässt: Eine Oase der Ruhe und des konzentrierten Naturerlebnisses. Das leicht bewegte Gelände bietet dabei genügend Erdüberdeckung für eine üppige Strauch- und Baumbepflanzung. Diese ökologisch wertvollen Flächen werden ergänzt durch eine vollflächige Begrünung auf dem Dach. Hier befinden sich auch nicht einsehbare PV-Kollektoren.

Ab Oberkante Erdgeschoss-Boden schlagen die Verfasser*innen eine konsequente Holz-Hybrid-Bauweise mit Holzstützen und Holzträgern vor, in die Brettstapeldecken eingehängt werden, womit die organische Gebäudekonfiguration bewältigbar sein und ernsthaft weiterverfolgt werden sollte. Dabei sind die entsprechenden Spannweiten des Stützrasters sowohl im Holzbau, als auch in der Tiefgarage in der weiteren Ausarbeitung zu überprüfen. Generell erscheinen die gebäudetechnischen Überlegungen weit gediehen und schlüssig. Besonders hervorzuheben sind Heizung/Kühlung über Geothermie, natürliche Querlüftung der Bürogeschosse oder Grauwassernutzung.

Der Entwurf zeichnet sich durch ein sehr umfassendes, intelligentes und vorbildliches Nachhaltigkeitskonzept aus. Biobasierte Materialien in der Konstruktion und der Fassade werden vorgesehen, erneuerbare Energien werden durch Wärmepumpen und Photovoltaikanlagen integriert und Umweltwärme- und Kältequellen werden vorgeschlagen. Auf den Dächern wird eine innovative Kombination aus Begrünung und PV vorgeschlagen. Eine natürliche Lüftung der Büros wird sowohl durch die Orientierung der Büros zum geschützten Innenhof, als auch durch die intelligente Lamellenfassade, die Witterungs- und Einbruchschutz bietet, ermöglicht. Die Fassade bietet entwerferische Flexibilität, um den Fensterflächenanteil zu reduzieren und Sonnenschutz zu integrieren und damit einer Überhitzung entgegenzuwirken. Die Senkrechtmarkisen sollten dabei auf die Tageslichtoptimierung kritisch überprüft werden. Der geschützte Innenhof integriert glaubhaft eine Begrünung mit Großbäumen durch die darauf angepasste Planung der Tiefgarage und der Möglichkeit ausreichend Bodentiefe anzubieten.

Bei Erfüllung der Flächen des Raumprogramms wird ein Wert der Gebäudekubatur generiert, der im unteren Bereich aller Arbeiten liegt. Herstellung und Betrieb des Gebäudes lassen eine wirtschaftliche und nachhaltige Umsetzung vermuten.

Die organische und eigenständige Formensprache des Gebäudes, sowie der Standort an dieser Stelle sind überzeugend. Ebenfalls wirkt die Parkplatzgestaltung im Kontext zum Gebäude auf der Nordseite nicht hart, sondern fügt sich gut in das Landschaftsbild ein. Der Umgang mit Baumstandorten bis hin zu Verdichtung nach Osten unterstreicht die landschaftlich richtige Gestaltung an dieser Stelle. Auch die Vorplatzgestaltung mit den auf die Gebäudeform bezogenen Pflanzinseln sind ausgewogen.

Eine sehr hohe Freiraumqualität bietet der großzügige Innenhof im neuen LRA. Für die Mitarbeiter und Besucher entsteht ein Außenraum zum Wohlfühlen. Die Verbindungen von Terrassen, Wege und Grünflächen sind spannend und abwechslungsreich. Auch wenn der schöne Innenhof viele Freiraumqualitäten beinhaltet, wären weitere Aufenthaltsbereiche in den Grünflächen außerhalb des Gebäudes wünschenswert.

Insgesamt ein gelungener Beitrag zur Aufgabenstellung, der in leichter beschwingter Form der Aufgabe „Landratsamt“ gerecht wird und Identität stiftend eine einladende Ausprägung für Bürger und Mitarbeiter verspricht.

 

In Zusammenarbeit mit HASCHER JEHLE Architektur, Berlin

Erfolg: 1. Preis

Auslober: Landratsamt Landsberg am Lech

Verfahrensart: Nichtoffener Wettbewerb

1. Preis im Wettbewerb Neubau Außenstelle Landratsamt Landsberg am Lech

Typ:

Wettbewerb

Bauherr:

Landratsamt Landsberg am Lech